Narration vs. Chronologie
Die narrative Struktur ist die vom Autor intendierte Reihenfolge von Ereignissen oder Szenen in einer Geschichte. Chronologie ist die zeitlich korrekte Abfolge dieser Ereignisse. Manche benutzen einen Ausdruck aus dem Russischen Formalismus, Syuzhet und Fabula, um hier zu differenzieren.
Chronologische Erzählungen verlaufen linear und verknüpfen die Ereignisse der Geschichte nacheinander. Die andere Art, eine Geschichte zu konstruieren, ist, die Ereignisse zu bewegen und in der Abfolge so zu positionieren, wie der Autor sie erzählen möchte. Es kommt also stark darauf an, was und wie er es erzählen will.
Storytelling ist dramaturgisches Handwerk
Narration ist die erzählte Reihenfolge von Handlungsereignissen.
Ein Handlungsereignis kann bspw. nach vorne bewegt werden, also an den Anfang der Geschichte, wenn man dieses als Kick-off-Event des Plots etablieren möchte. Andere Ereignisse können der Kenntnis des Lesers/Zuschauers erst einmal vorenthalten und eher zum Ende hin platziert werden, wenn durch eine späte Enthüllung ein Überraschungseffekt erzeugt werden soll. Dieser Technik sollte man sich allerdings vorsichtig bedienen bzw. es tunlichst vermeiden, nachgeschobene Informationen als vermeintliche Offenbarung zu verpacken.
Flashbacks sind ein Mittel, um Ereignisse einer Vorgeschichte zu platzieren – hier sind nur diejenigen Ereignisse aus der Vergangenheit relevant, die mit der aktuell erzählten Handlung in direktem Bezug stehen.
Storytelling bedeutet, eine Geschichte so zu erzählen, dass der Leser/Zuschauer durch die Art der Darbietung fasziniert wird.
Wenn wir beginnen, eine Geschichte zu konzipieren, setzen wir oft intuitiv die erzählerische Anordnung der Handlungsereignisse fest, bevor wir uns über die Chronologie der Ereignisse im Klaren sind. Wir ordnen die Struktur nach Relevanz der Ereignisse für die Handlung, bis wir das Gefühl haben, durch unsere Erzählweise den gewünschten emotionalen Effekt zu erzeugen.
Das Anordnen und Umstellen – dieser Prozess hilft uns zu verstehen, wo Lücken in unserer Handlungsstruktur sind, an welcher Stelle dem Leser/Zuschauer bspw. noch Wissen oder Geschehnisse zur Kenntnis gebracht werden sollten, damit er versteht, was vor sich geht oder in welche Richtung die Erzählung steuert.
Bei Umschreiben des Plots entscheiden wir uns womöglich, Ereignisse zu verschieben – entweder weil sie zu früh zu viel Wissen preisgeben oder weil sie zu spät positioniert sind, um bestimmte Handlungsschritte verständlich machen zu können; oder sie erscheinen einfach als überflüssig, da sie keine neuen Informationen mit sich bringen.
Rahmenhandlung: Der Anfang und das Ende einer Geschichte können einen erzählerischen Rahmen bilden, in den der Hauptteil der Geschichte eingebettet ist (wie z. B. in der Verfilmung Der englische Patient, Stand By Me oder in Theodor Storms Klassiker des Realismus Der Schimmelreiter.)
Chronologie hat ihre Reize
Die chronologische Struktur eines Werks zu erarbeiten, bedeutet nicht nur, Handlungsereignisse in eine zeitliche Reihenfolge zu sortieren, sondern v. a. die Verkettung von Aktion und Reaktion.
Ein Autor kann mit der Chronologie spielen, um Reiz zu erzeugen, den Leser/Zuschauer zu überraschen und die Aufmerksamkeit zu fordern – wie bspw. in Pulp Fiction, wo verschiedene Handlungsstränge in unterschiedlicher zeitlicher Abfolge präsentiert werden, die Verknüpfung erfolgt durch einzelne Motive.
Manchmal ist die Chronologie quasi der Clou an der Geschichte – wie bei Irreversible oder Memento. Hier wird mit Umkehrung der Handlung gearbeitet, das Ende der Geschichte an den Anfang gesetzt und der Plot in umgekehrter Chronologie dargestellt.
Fiktionale Literatur ist in gewisser Weise freier in der Struktur als der Film, aber unabhängig vom Medium muss der Autor eine Entscheidung bezüglich der Erzählweise fällen.
Du hast eine zündende Idee für eine Story? Lege gleich los! Die ersten Gedanken aufnotieren und sie in Form bringen. Keine App-Installation, einfach …