Thema

Das Thema einer Geschichte ist der übergreifende Gedanke, der allem zugrundeliegt bzw. alles zusammenhält. Das Thema zu definieren ist eine Art zu beschreiben, worum es in der Geschichte geht. Es bildet quasi ein gedankliches Konzept ab und lässt sich in einem Satz, eher noch in einem Wort zusammenfassen – wie allg. „Reform“, „Rassismus“, „Gut ggn. Böse“ etc. Das Thema von Othello ist Eifersucht.
Das Thema ist mächtig, da es Werte ausdrückt.

Das Thema wird gemeinhin bewusst vom Autor gewählt und bildet dessen persönliche Vision von der bestmöglichen Lebensart ab. Im Idealfall ist dies in der Struktur der Geschichte erkennbar, z. B. durch die Kulmination der Erzählung in der Entscheidung, die der Protagonist zu fällen hat. Die Optionen, unter denen er wählen muss, zeigen mögliche Lebensweisen auf und den richtigen Weg.

Das Thema kommt im Wesentlichen durch die Reaktion des Publikums auf die Entwicklung der Figuren zum Ausdruck. Durch ein bewusst gewähltes Thema soll eine Aussage getroffen werden, die potenziell universelle Gültigkeit hat. In der Regel vermittelt das Thema eine Idee für das erfolgreiche Zusammenleben einer Gruppe oder Gesellschaft und drückt in den meisten Geschichten den kooperativen Grundsatz des Lebens in Gruppen aus. Ein einfaches Beispiel dafür wäre: „Rassismus ist schlecht“ oder „Toleranz ist (überlebens-)wichtig“.

Themenfindung

Fängt also der Autor bei der Konstruktion einer Geschichte mit dem Thema an?

Nicht unbedingt. Tatsächlich ist es möglich, eine Geschichte zu schreiben, ohne einen Gedanken an das Thema zu verschwenden. Wahrscheinlich sitzen die wenigsten Autoren an ihrem Schreibtisch, spielen mit ihrem Bleistift und entscheiden, dass sie nun eine Story über Reform, Rassismus, Liebe, was auch immer schreiben wollen.

Betrachte das Thema als Subtext – und manchmal formt sich dieser ohne die bewusste Entscheidung des Autors. Bei der Entstehung einer Geschichte gibt es meist eine Idee für etwas weniger Abstraktes, wie ein Ereignis oder eine Figur. Etwas an dieser Idee kann den Autor dazu bringen, sie weiterzuverfolgen, sie weiterzudenken, und erst, wenn die Idee Gestalt annimmt und sich zu einer potenziellen Geschichte formt, kann der Autor beginnen, nach dem zentralen Thema zu suchen, das die Idee nahelegt.
Tatsächlich kann ein Autor eine Geschichte beenden und erst dann eine Interpretation des Themas hineinlegen – ähnlich wie der Empfänger. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man erst in der Rückschau erkennt, was einen eigentlich umgetrieben, d. h. unterschwellig beschäftigt hat.
Wir würden jedoch behaupten, dass sich die meisten Autoren dessen sehr bewusst sind, was sie schreiben und wie sie es schreiben. Manchmal flechten Autoren bspw. einen dezenten Hinweis auf ihr Thema in die Dialogzeile einer der unbedeutenderen Figuren ein, oft im ersten Abschnitt der Erzählung.

Die Frage dahinter

Es kann daher hilfreich sein, das Thema als Frage zu artikulieren. Um an das obige Bsp. anzuknüpfen: „Wie wirkt sich rassistische/intolerante Verhaltensweise innerhalb einer (geschlossenen) Gruppe aus?“
Oder nehmen wir F. Scott Fitzgeralds Der große Gatsby – hier könnte man etliche Fragen formulieren: „Sind reiche Leute glücklicher als arme?“, „Was nützt einem all der Reichtum, wenn man niemanden hat, mit dem man ihn teilen kann?“, „Ist Liebe sich selbst genug oder nur ein Abbild unserer Wünsche?“

Das frühe Ereignis in der Geschichte, in dem das externe Problem auftritt, führt in der Krise zum Moment der Entscheidung, und diese Wahl bestimmt den Schluss, die Antwort auf die Frage. Durch die Beantwortung der Frage wird das Chaos, das am Anfang der Geschichte in die normale Welt eintritt, in eine neue Ordnung gebracht.
Geschichten korrigieren die Wirklichkeit. Es geht um Lernen und Wachstum, nicht nur für die Figuren, sondern auch beim Leser/Zuschauer.

Variationen des Themas als Facetten der Wirklichkeit

Das Thema erlaubt, fordert geradezu Variationen. Die diversen Figuren und die verschiedenen Nebenhandlungen einer Geschichte können unterschiedliche Arten der Betrachtung des gleichen Themas darstellen. Wenn das Thema also Reform ist, geht die Hauptfigur durch eine Entwicklung, die Institution, für die sie arbeitet, wird neu organisiert und der beste Freund schafft es nicht, sich in seinem Verhalten zu bessern. All diese Facetten eines Themas führen den Leser/Zuschauer idealerweise zu demselben Schluss.

Betrachtet man das Thema als dialektisches Argument, wird im ersten Teil einer Geschichte eine These aufgestellt, im zweiten Teil – der sich mit dem Antagonismus dieser Haltung beschäftigt – wird die Antithese behandelt. Die Schlussfolgerung im dritten Teil ist die Synthese.
Jede Geschichte ist in gewissem Sinne ein Argument, trifft eine spezifische Aussage über ein bestimmtes Thema. So werden im Verlauf der Geschichte diverse Aspekte und Interpretationen dieses Themas durchgespielt, um letztendlich zu einem Ergebnis zu kommen.

In diesem Sinne ist es für einen Autor sinnvoll, das Thema schon früh im kreativen Prozess der Stoffentwicklung für sich zu definieren. Wenn man das übergeordnete Thema im Auge behält, kann die Entwicklung jeder Figur, jedes Subplots, jeder Szene nach dem Thema ausgerichtet werden. So wird es also leichter für den Autor, bei den vielen Entscheidungen, die er beim Schreiben von Geschichten zu treffen hat, wenn er sich das Thema stets vor Augen hält. Es hilft im wahrsten Sinne des Ausdrucks, „beim Thema zu bleiben“.
Alternative Ideen können durch die Frage getestet werden: Vermittelt dies irgendeinen neuen Aspekt zum Thema?

Die Rezeption

Nichtsdestotrotz kann das Thema einer Geschichte schwer zu fassen sein. Auf der einen Seite kann es dem Autor während des Prozesses des Schreibens bewusst sein und so seiner Absicht entsprechen. Auf der anderen Seite kann es durch den Leser/Zuschauer interpretiert werden und womöglich in eine Richtung gehen, die der Autor niemals in Betracht gezogen hat. Schließlich findet jeder andere Dinge in einer Geschichte und bezieht sie auf sich – somit ist das Rezipieren immer auch eine ganz individuelle und persönliche Angelegenheit: Jeder liest die Geschichte so, wie er sie lesen möchte, und springt auf Themen an, die ihn selbst betreffen.

Für den Leser/Zuschauer ist das Aufdecken des Themas ein Teil des Vergnügens. Da wir grundsätzlich in allem nach einem Sinn suchen, wollen wir, dass unsere Geschichten etwas bedeuten. Das Thema herauszufinden, kann so befriedigend sein wie der Moment, in dem uns die Lösung eines Rätsels gelingt.

Der moralische Zeigefinger

Achtung, hier lauern Gefahren: Im Zusammenhang mit dem Thema gibt es etliche Fallen, in die ein Schriftsteller tappen kann.

Man sollte sich davor hüten, es mit dem Thema zu übertreiben. Ein Autor kann dem Leser/Zuschauer ein Thema zu deutlich vor Augen führen, sodass dieser keine Möglichkeit hat, die Wahrheit des Ansatzes für sich selbst zu erspüren. Wenn „die Moral von der Geschicht“ zu explizit ausgeführt wird, kommt es zu Szenen, die laut „Botschaft des Autors“ schreien – das tötet die emotionale Wirkung der Geschichte. Idealerweise erkennt der Leser/Zuschauer das Thema nicht, solange er „in der Geschichte“ steckt, erst dann, wenn er überdenkt, welche emotionale Auswirkung die Geschichte auf ihn hatte, was er dabei gelernt hat.

Des Weiteren besteht die Gefahr der Vor-Interpretation, wenn die Geschichte nach einem Thema derart durchkomponiert wird, dass jedes kleine Detail darauf hinweist. Sobald der Leser/Zuschauer herausgefunden hat, was das Thema ist, und alles, was danach folgt, es permanent bekräftigt, gibt es keine Überraschungen mehr. Das wirkt dann penetrant und ist tödlich für den Genuss der Geschichte.
Der Leser/Zuschauer sollte immer wieder überrascht werden. So bleibt die Spannung und eben auch die Neugierde erhalten. Das ist das alte Spiel mit der Erwartungshaltung und dieses gilt natürlich auch für das Thema: womöglich eben nicht alle Erwartungen zu erfüllen, um variable Spielarten zu bieten.

FOLGE UNS!

Abonniere unseren Blog